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Chinas Sicherheitsbehörden haben einen Tag nach den gewalttätigsten ethnischen Unruhen in der Geschichte der autonomen Region Xinjiang massive Razzien zur Verhaftung von Uiguren veranlasst. Die Polizei errichtete danach Straßensperren und Kontrollpunkte rund um die 2,6-Millionen-Stadt Ürümqi und nahm Hausdurchsuchungen vor.
Bis Montagnacht hatte sie 1434 mutmaßliche Unruhestifter verhaftet, darunter 55 Frauen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. "Alle Aufständischen, die bei dem tödlichsten Aufruhr seit Chinas Gründung 1949 Gesetze gebrochen und gegen die fundamentalen Interessen aller ethnischen Volksgruppen Chinas verstoßen haben, werden scharf bestraft", kündigte der städtische KP-Chef Li Zhi an.
Verhaftungswelle und neue Unruhen in Ürümqi
Bei dem Aufruhr waren am Sonntag in der Provinzhauptstadt 156 Menschen gestorben und 1080 verletzt worden. Die Massenverhaftungen lösten am Dienstagmorgen neue Proteste in Ürümqi aus. Dabei kam es zu einem für Xinjiangs Behörden peinlichen Zwischenfall: Sie wollten einer Gruppe von 60 ausländischen Reportern zeigen, wie sie Ruhe und Ordnung wiederhergestellt hatten. Eine Frau mit ihrem Kind stellte sich dabei den Journalisten entgegen und flehte sie um Hilfe an, da die Behörden ihren Mann verhaftet hatten.
BILDER: Viele Tote bei Unruhen in Uiguren-Provinz
Nach Angaben der Journalisten wuchs der Zug der Demonstranten, die wild durcheinander riefen, schnell auf mindestens 300 Personen. Wegen der Anwesenheit der Reporter löste die Polizei die Kundgebung friedlich auf. Wie mehrere westliche Nachrichtenagenturen nach dem etwa eine Stunde dauernden Protest berichteten, riefen Uiguren ihnen zu, dass die Behörden wahllos und ohne Grund Leute verhafteten und Häuser durchsuchten.
Auch in anderen Teilen Ürümqis kam es im weiteren Tagesverlauf zu kleinen Demonstrationen gegen das Vorgehen der Behörden. Darüber berichtete sogar Xinhua.
Zuvor hatte Chinas Nachrichtenagentur exklusiv in ihrem englischen Dienst bekannt gegeben, dass die Behörden auf die Demonstrationen am Sonntag vorbereitet gewesen seien. Großaufgebote von bewaffneter Polizei, Spezialeinsatzkräfte, Feuerwehren und Truppen seien schon am Morgen zusammengezogen worden.
VIDEO: 140 Tote bei Unruhen in China
„Ürümqis Polizeibehörde erhielt früh am Sonntag Hinweise, dass in Internetforen zu Demonstrationen auf dem Volksplatz und dem Südtor um 7 Uhr abends aufgerufen wurde“, hieß es in der Meldung. Zuerst gingen demnach 2000 Polizisten mit Tränen-, Lähmungsgas und Wasserwerfern in vorbereitete Stellungen. Bis Mitternacht hatten die Behörden dann "mehr als 20.000 Mann vor Ort."
Diese erstaunliche Enthüllung ist aus zwei Gründen interessant. Zum einen wirft sie die Frage auf, warum das Massenaufgebot an Polizei und Feuerwehren die Unruhen nicht verhindern konnte und weshalb so viele Menschen sterben mussten. Die Behörden gaben die Zahl der Toten mit 129 Männern und 27 Frauen an. Sie machten aber keine Angaben zu den Todesursachen. Vor allem wurde nicht bekannt, ob einige Opfer an Schusswunden starben. Laut Pekings englischsprachige Tageszeitung „Global Times“ könnten viele Menschen bei "Stampeden" ums Leben gekommen, also totgetrampelt worden sein.
Die Uiguren
Die Uiguren sind ein muslimisches Turk-Volk mit etwa zehn Millionen Menschen. Mehr als acht Millionen leben in Xinjiang im Westen Chinas. Seit Peking die Region 1955 besetzte, kämpfen Uiguren für ihre Rechte. China macht Separatisten für rund 300 Anschläge seit 1990 verantwortlich und erklärte vier Uiguren-Gruppen zu terroristischen Vereinigungen. Menschenrechtsgruppen kritisieren, China unterdrücke die Uiguren. Seit Mitte der 90er Jahre wurden laut Amnesty International über 3000 Uiguren verhaftet und über 200 hingerichtet.
Die englische Xinhua-Meldung ist aber noch aus einem anderen Grund spannend: Sie zeigt eine neue Strategie der Pekinger Führung. Während sich die chinesischsprachige Presse an die Vorgaben der chinesischen Xinhua-Meldungen halten muss, dürfen englischsprachige Medien freier berichten. Chinas Führung hat aus den Ereignissen beim Aufruhr vom März 2008 in Tibet gelernt, als sie Auslandskorrespondenten weder nach Tibet einreisen noch unbehindert recherchieren ließ.
Diesmal läuft es anders. Auslandskorrespondenten in Peking wurde am Montag angeboten, über die Informationsabteilung des Staatsrats nach Ürümqi zu fahren. Zudem darf der englischsprachige Xinhua-Dienst exklusive Informationen veröffentlichen. So berichtete Xinhua auch über die Ausweitung der Proteste von Ürümqi auf Xinjiangs Touristenstädte Kashgar, Yili und Aksu. In der einstigen Karawanenstadt Kashgar hätten mehr als 200 Personen vor einer Moschee demonstriert. "Ihre Versammlung wurde am Montag um sechs Uhr abends friedlich aufgelöst", meldete Xinhua auf Englisch.
Kritische Intellektuelle warnten vor der geteilten Informationspolitik Pekings, die zu einer neuen Form der Manipulation der Auslandspresse durch eine geschickter agierende Propaganda führe. Viele Informationen seien bewusst unvollständig, bestätigten Augenzeugen dem US-Sender „Radio Free Asia“ (RFA).
Dazu passt, dass Chinas politische Führung über ihre Medien in einer gelenkten Propagandakampagne zur Verdammung der Exil-Uiguren aufruft. Im Fokus steht dabei die zur Staatsfeindin Nummer 1 erklärten Rebeja Kadeer. Sie habe die Unruhen geplant und initiiert, um einen Aufstand gegen Chinas Herrschaft anzuzetteln und Xinjiang zu einer unabhängigen Republik Ostturkestan zu machen, heißt es.
Die Propaganda hat schrille Töne angenommen. Im Xinjianger Fernsehen verlangte Politbüromitglied Wang Lequan, der oberste Parteichef der autonomen Provinz, einen „Kampf auf Leben oder Tod“ um die „Einheit Chinas“ mit den Separatisten zu führen und das „wahre Gesicht“ der Rebiya Kadeer zu entlarven.
Chinas Behörden regierten inzwischen auch auf die ethnischen Arbeiterunruhen zwischen Han-Chinesen und Uiguren in einer südchinesischen Spielzeugfabrik in Shaoguan, bei denen am 26. Juni zwei uigurische Wanderarbeiter starben und 60 verletzt wurden.
Chinesische Arbeiter hatten ihre uigurischen Kollegen überfallen, nachdem Gerüchte verbreitet wurden, dass sechs Uiguren zwei Chinesinnen vergewaltigt hätten. Die Übergriffe auf die Uiguren und die Untätigkeit der chinesischen Behörden wurden dann zum Auslöser der Proteste in Ürümqi am Sonntag.
Am Dienstag nun gaben Chinas Behörden bekannt, 15 Personen in Shaoguan verhaftet zu haben, die an den Schlägereien mit den Uiguren beteiligt waren. Zwei darunter wurden wegen Verbreitung falscher Gerüchte festgenommen. Von den 60 verletzten Uiguren seien 29 wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden.
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http://www.youtube.com/watch?v=wadefLfPcZU&NR=1
http://www.eastturkistan.tv/STRT-2/tv/?/tv/823/Xitaygha-Tutqun-Qilinghan-Uyghurlar-Keng-kolemde-Qetliamgha-Uchridi
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http://www.uyghuramerican.org/articles/3089/1/UAA-condemns-killing-of-Uyghur-workers-at-Guangdong-factory/index.html
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http://www.ireport.com/docs/DOC-292202
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/asia/article6646669.ece
http://news.yahoo.com/nphotos/slideshow/photo//090707/ids_photos_wl/r4095818069.jpg/#photoViewer=/090707/481/2c5de8fe2de547738e8e860be8e1670d
Menbe: http://news.de.msn.com/politik/Article.aspx?cp-documentid=148411809